Offener Brief zum Verbot der Radebeuler Karl-May-Traditionsfahrt
Sehr geehrter Herr Landrat Hänsel,
in Radebeul sollte zum letzten Juni-Wochenende diesen Jahres erneut die traditionelle „Karl-May-Fahrt“ der Traditionsbahn Radebeul e. V. stattfinden. Seit beinahe dreißig Jahren ist diese Fahrt ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens unseres Landkreises sowie darüber hinaus. Zahlreiche Besucher erfreuen sich alljährlich an der Fahrt mit dem sogenannten „Lößnitzdackel“; jener Dampfeisenbahn, die immerhin schon auf eine über hundert Jahre währende wechselhafte Geschichte zurückblicken darf. Als sehr wichtiger Bestandteil dieser „Karl-May-Fahrt“ gilt das aufregende Abenteuer eines gespielten Zugüberfalls von Laienschauspielern in historischen Cowboy-Kostümen, der „Outlaw“-Gruppe, die versteckt in Wiese und Gebüsch den Zug in Wildwestmanier auszurauben versuchen. Die Schauspieler verwenden hierbei Platzpatronen, um das Schauspiel lebendiger zu gestalten.
Am letzten Juniwochenende diesen Jahres wurde das Schauspiel des Zugüberfalls erstmals in seinem dreißigjährigen Bestehen vom Kreisordnungsamt Meißen untersagt. Die Sächsische Zeitung berichtete im Anschluss ausführlich über die zur Absage gezwungene Veranstaltung. Die Untersagung des Kreisordnungsamtes traf bei den Schauspielern, Veranstaltern und Zugfahrgästen sowie unzähligen SZ-Lesern und weiteren Bürgern auf Unverständnis bis hin zu Empörung. Die durchweg negativen Reaktionen auf das Verbot der Veranstaltung halte ich für verständlich und nachvollziehbar.
Zwei Jahre lang lag das kulturelle Leben nicht nur in unserem eigenen Landkreis aufgrund der Coronapandemie brach. Auch die heimische Tourismusbranche wurde massiv durch die Lockdowns und Reisebeschränkungen belastet. Die Schauspielerei des Zugüberfalls der Gruppe „Outlaw“ erfüllt einen gemeinnützigen Zweck. Sie dient der finanziellen Förderung des Erhalts der „Lößnitzdackel“ sowie der Fahrten mit der Traditionsbahn. Wie die Karl-May-Festtage, so dient auch die „Karl-May-Fahrt“ als Magnet für Gäste und Touristen über die Grenzen unseres Landkreises hinaus. Das Verbot der oben genannten Aufführung durch das Kreisordnungsamt Meißen schädigt nicht nur die Veranstalter, sondern folgerichtig ebenso die touristische und Gastwirtschaft sowie die Kulturbranche unseres Landkreises mitsamt seinem bislang hervorragenden Ruf.
Am 28. August diesen Jahres steht in Radebeul die nächste „Karl-May-Fahrt“ auf dem Fahrplan. Auch hier werben die Veranstalter mit einem ihrer das Publikum begeisternden Zugüberfälle. Als Landrat des Landkreises Meißen sind Sie gleichzeitig oberster Dienstherr der Kreisordnungsbehörde Meißen. Ich bitte Sie hiermit eindringlich, auf Ihre Behörde in besonderer Weise einzuwirken, um die kommende Veranstaltung nicht erneut an einer verweigerten Genehmigung scheitern zu lassen. Ich möchte daran erinnern, dass eine Erteilung dieser Genehmigung in der Vergangenheit noch nie problematisch erschien. Ein erneutes Verbot im August würde fatale Zeichen für die Zukunft des Kulturraumes unseres Landkreises setzen. Darüber hinaus bedrohte die Nichterteilung jener Genehmigung eine besonders schöne und spannende, seit dreißig Jahren in Radebeul verwurzelte Tradition in ihrer Fortführung. Und mit dieser auch den an das Schauspiel angeschlossenen Verein sowie dessen Finanzierung der Instandhaltung der berühmten „Lößnitzdackel“-Lokomotiven.
Ich bitte Sie in aller Form als Landrat des Landkreises Meißen: Zeigen Sie bitte Bürgernähe! Gestatten Sie dem Dampfross und seinem Überfall den Vorrang vor jedem Amtsschimmel.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Kirste, MdL
Direktabgeordneter des Wahlkreises Meißen 3
Kulturpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag