Gefährdet Meinungsvielfalt die Meinungsfreiheit? Ein Erfahrungsbericht aus dem Sächsischen Landtag
Bei malerischem Wetter lud der Sächsische Landtag kürzlich gleich mehrere hochrangige Gäste in den Plenarsaal, um über den „Medienänderungsstaatsvertrag“ zu diskutieren. So durfte neben ARD-Chef Kai Gniffke und MDR-Intendantin Karola Wille erstmalig auch Dieter Stein, Herausgeber der konservativen Wochenzeitschrift „Junge Freiheit“ (JF), seine Gedanken und Ideen zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖR) in Deutschland vorstellen. Bei aller Brisanz des Themas ist hervorzuheben, dass die Diskussion von zu lobender Sachlichkeit geprägt war. Eine baldige Senkung oder gar Aussetzung der Rundfunkgebühren, wie sie von vielen Bürgern gefordert wird, zogen ÖR und Regierungsparteien trotz Mahnung der AfD-Fraktion leider immer noch nicht in Erwägung.
Gegenteilig versuchten Gniffke und Wille sogar, ein neues Feindbild auszumalen, gegen welches der ÖR finanziell bestens gewappnet Stellung beziehen sollte: Namentlich die großen Plattformen Facebook, Twitter, YouTube und TikTok, die „Tech-Konzerne aus Übersee“, wie Gniffke und Wille mehrfach betonten. Laut den ÖR-Vertretern gefährdeten diese Plattformen die Meinungsfreiheit, indem sie sinngemäß „jedem die Möglichkeit zur öffentlichen Meinungsäußerung“ bieten und somit auch „Raum für Desinformation“ schaffen. Im Übrigen könnten US-Mogule wie Elon Musk, der namentlich genannt wurde, ihnen unbequeme Meinungen per Knopfdruck einfach unterdrücken. Die vorhergehende Sperre Donald Trumps auf Twitter wurde natürlich nicht erwähnt. Karola Wille betonte indessen: Nur der ÖR könne und müsse gegen diese Tech-Konzerne aus Übersee die Meinungsvielfalt in Deutschland sicherstellen.
Bei den geladenen Kritikern des derzeitigen ÖR-Systems traf diese Behauptung auf Unverständnis. JF-Herausgeber Dieter Stein verwies auf die „dreiste politische Einseitigkeit“ des ÖR-Programms sowie auf eine Vielzahl politisch enthemmter Äußerungen von ÖR-Mitarbeitern in jüngster Zeit in den sozialen Medien. Der ÖR sei „eine Werkbank von Roten und Grünen“ geworden, wie auch Umfragen unter den Mitarbeitern belegten – über 90 Prozent aller ARD-Volontäre gaben zuletzt an, die Linke bzw. die Grünen zu wählen. Die Tech-Konzerne hingegen hätten laut Stein den Medienmarkt erst „demokratisiert“, indem nun wirklich „jeder“ und nicht nur eine ausgewählte Personengruppe „senden darf“. Der Erfurter Medienexperte und Rechtsanwalt Ralf Hornemann pflichtete dieser Darstellung bei und verwies auf die „bereits Jahrhunderte währende Erfolgsgeschichte“ staatlich unabhängiger Zeitungen in Deutschland.
Angesichts des jährlichen Etats des ÖR von derzeit rund 8,4 Milliarden Euro – eines europaweit einzigartig teuren Systems – mahnte Dieter Stein überdies vor einer „gigantischen Asymmetrie“ zwischen einem Komplex, „der nicht wirtschaftlich handeln muss“, und den privatwirtschaftlichen Verlagen, die es sich entgegen dem ÖR „nicht leisten können, gegen ihre eigenen Leser anzuschreiben“. Die ÖR-Vertreter verwiesen auf ihr Projekt einer künftig verstärkten Zusammenarbeit mit ausgewählten Zeitungen. Wer im ÖR-Gremium die Auswahl trifft und welche Zeitungen zur Zusammenarbeit eingeladen würden, wurde von den ÖR-Vertretern allerdings nicht thematisiert. Man darf gespannt sein, ob auch konservative Verlage wie die „Junge Freiheit“ vom ÖR eingeladen werden.
Das Fazit der Debatte: Der ÖR möchte sich in seiner „digitalen Transformation“ vom „größten deutschen Streaminganbieter“ zum „größten Streaminganbieter in Deutschland“ mausern; nämlich in direkter Konkurrenz zu Streamingdiensten wie Amazon Prime und Netflix. Gleich mehrere Experten warnten hier vor einer neuen Kostenfalle und weiter steigende Gebühren, von den ÖR-Vertretern allerdings ungehört. Diese versprachen zumindest, in den kommenden Monaten einen linearen Sender aus Kostengründen einstellen zu wollen (aber nur einen kleinen). An den üppigen Gehältern der Vorstände wolle der ÖR allerdings nicht rütteln – die seien ja tarifvertraglich gebunden. In einer zweiten Sitzung verhandelt das Plenum des Sächsischen Landtags demnächst darüber, ob der vorliegende „Medienänderungsstaatsvertrag“ in seiner jetzigen Formulierung beschlossen werden könne oder abgelehnt gehört. Als Vertreter der AfD-Fraktion in diesem Ausschuss bleibe ich weiter kritisch und fordere: Die Rundfunkgebühren gehören endlich signifikant gesenkt! Deutschland braucht keinen alles kontrollierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und schon gar nicht auf Milliardenkosten zu Lasten der Bürger.