Bürger wurden nicht gefragt: Stadt streicht Anwohner-Parkplätze für unbenutzten Radweg
Da fielen so manchem Anwohner des Meißner Rauhentals diesen Frühling förmlich die Augen aus dem Kopf: Dreißig Jahre lang durften sie vor ihren Häusern auf der dicht besiedelten Straße mit dem Auto parken. Plötzlich und über Nacht herrschte absolutes Halteverbot, das Ordnungsamt verteilte Knöllchen, ein neuer Schutzstreifen für Radfahrer verhindert nun auch auf der anderen Straßenseite das verkehrskonforme Parken. Letzterer kostete ganze 4.500 Euro für ein paar Eimer Farbe. Ob der Radweg je groß genutzt wird, ist fraglich. „Mit Anwohnern wurden keine Gespräche zum Wegfall der Parkflächen geführt“, bestätigt das Ordnungsamt auf Nachfrage des Meißner AfD-Stadtrats Thomas Kirste. „Eine Anwohnerbeteiligung war hier nicht zielführend.“ Wer auf dem Rauhental wohne, so das Ordnungsamt, dem sei zumutbar, sein Auto auf der Wettin- und Kerstingstraße abzustellen. Die hohe Steigung des Rauhentals, das Sicherheitsempfinden für das eigene geparkte Auto, gehbehinderte Anwohner und auch schwere Einkäufe sind dem Ordnungsamt hier zweitrangig nach dem Wohlgefühl einer täglichen Handvoll gemütlich radelnder Fahrradfans.
„Der Wegfall der Anwohnerparkplätze wurde vom Ordnungsamt überdies damit begründet, die Stadt wolle angeblich Radfahrer vor Unfällen auf dem Rauhental schützen“, berichtet Kirste, der die Meißner Bürger auch als Direktabgeordneter im Sächsischen Landtag vertritt. „Dabei gesteht das Ordnungsamt selbst ein, dass es in den fünf Jahren zwischen 2016 und 2020 gerade einmal drei Unfälle mit Radfahrern auf der gesamten Länge des Rauhentals gegeben hat – also etwa einer aller zwei Jahre. Eine erhöhte Unfallgefahr hat es auf dem Rauhental nie gegeben. Wir sehen hier vielmehr den Versuch, eine angeblich ‚grüne‘ Radfahrpolitik auf Kosten und zu Lasten der unzähligen, auf ihr Auto dringend angewiesenen Anwohner durchzusetzen. Zu Lasten jener Bürger also, die tagtäglich ihr Auto brauchen, um zur Arbeit zu kommen, und vor allem auch auf Kosten jener älterer Mitbürger, die ohne ihr Auto keine größeren Einkäufe mehr tätigen können. Eine Verkehrszählung von Radfahrern wurde von den Radwegplanern vorab übrigens gar nicht erst in Betracht gezogen. Die Lebensqualität auf dem Rauhental ist mit der Abschaffung der Parkplätze und dem neuen Radweg nicht gestiegen, sondern gesunken.“
Infolge der neuen Maßnahmen hatte das Ordnungsamt eigenen Angaben nach „zahlreiche Gespräche sowie Anrufe von Anwohnern“. Das Ordnungsamt behauptet, sie konnten „jedem Anwohner behilflich sein.“ Die AfD-Fraktion im Meißner Stadtrat kam nach ersten Gesprächen mit Anwohnern zu einem ganz anderen Bild der Lage. „In den kommenden Wochen werden wir die Bürger des Rauhentals postalisch anschreiben und zu ihrer eigenen Sicht befragen“, erklärt AfD-Stadtrat Kirste. „Die Bürger unserer Stadt haben noch immer der Grundpfeiler jeglicher Politik zu sein. Ihre Meinung ist uns wichtig, wir bitten daher um rege Teilnahme an unserer Befragung. Gemeinsam wollen wir dann klären, ob die neue Verkehrsführung und der Parkplatzwegfall von den Anwohnern des Rauhentals wirklich gewünscht und akzeptiert ist – oder ob das Rauhental nicht besser doch wieder in den vorherigen Zustand versetzt gehört.“